Spätmittelalterliche / frühneuzeitliche Fundstelle aus Neustadt in Holstein

Im Sommer 2006 wurde in unmittelbarer Nähe eines bereits ausführlich untersuchten mesolithischen Fundplatzes im Neustädter Vorhafen eine weitere Fundstelle in 3-4 m Wassertiefe durch Forschungstaucher der AMLA lokalisiert.
In einer ersten, direkt darauf folgenden, einwöchigen Untersuchung wurde ein 4x4 m großes Areal ausgegraben und in ein lokales Messsystem integriert. Dabei kamen hölzerne Schiffsreparaturteile, wie Plankenteile und ein Spant, sowie Holznägel und Fassdauben mit Eigentumsmarken ans Licht. Außerdem wurden eine Musketenkugel, Teile einer organischen Flechtmatte und Keramikreste sichergestellt.


Aufgrund des reichen Fundspektrums und der zu dem Zeitpunkt ungeklärten Fundplatzbedeutung wurde eine weitere, dreiwöchige Grabungskampagne im Sommer 2007 realisiert.
In Zusammenarbeit mit den Tauchern der AMLA und Studenten des Instituts für Ur- und Frühgeschichte der CAU Kiel, konnte das alte 16 m2 großes Gebiet um weitere 40 m2 in alle Richtungen erweitert werden. Jeder Quadratmeter wurde hierbei genau eingemessen, sodass die Funde bei der späteren Auswertung jedem Quadranten genau zugeordnet werden können.

Bei den unterwasserarchäologischen Untersuchungen kamen an die 300 Funde zum Vorschein, die für die Geschichte Neustadts in der frühen Neuzeit von großer Bedeutung sind. Unter anderem konnten Bernsteinreste, Bleikugeln, Glasreste, aber auch organische Materialien, wie Fischreste, Knochen, Holzbretter und Plankenfragmente, sowie eine gedrechselte Holzschale und Fasshölzer mit und ohne Eigentumsmarken geborgen werden. Gerade diese Marken sind als Zeugnisse mittelalterlichen Warenverkehrs und der Handelsgeschichte von besonderer Bedeutung.
Zu den herausragenden Funden der Grabung gehören erhaltenen Lederreste, Seilfragmente und verzierte Tonpfeifenfragmente. Das „Highlight“ der Grabung stellt ein filigran geschnitzter Kirschkern dar, der als „Paternoster-Perle“ interpretiert wird und zur damaligen Zeit Teil eines Rosenkranzes war.
Das Fundspektrum lässt die Vermutung zu, dass es sich bei diesem Fundplatz um eine Außenreede handelt, also einem Platz in dem Schiffsteile direkt im Wasser repariert wurden. Andererseits sprechen die gefundenen Hausmarken und Handelswaren, sowie Schiffsteile für ein Schiffswrack, das mit samt seiner Ladung vor Neustadt auf Grund gelaufen ist.
Fest steht, dass dieser neue Fundplatz für die mittelalterliche und neuzeitliche Geschichte Neustadts von großer Bedeutung ist und er einmal mehr die interessante und abwechslungsreiche Geschichte der Stadt repräsentiert.

Die Fundbearbeitung erfolgte von André Dubisch im Rahmen seiner Diplomarbeit.

 

Publikation: Der submarine, mittelalterlich-frühneuzeitliche Fundplatz im Vorhafen von Neustadt i. H.